Einleitung
Anlässlich der Rede Vladimir Putins am 21. Februar 2022 und dem darauffolgenden Einmarsch von russischen Truppen in die Ukraine, scheint es mir angebracht, eine Stimme aus China zu übersetzen, die sich gegen die Einschüchterung und die militärischen Drohgebärden Chinas gegenüber Taiwan ausspricht. Nicht nur kopiert Putin in Teilen das Skript von Xi Jinping (oder umgekehrt), vor allem in dem Punkt sind sie sich einig, dass der Westen und vor allem die USA sich gegen China verschworen hätten, China vorenthielten sich zu entwickeln und es nicht zu seiner ihm zustehenden Größe kommen lassen würden. Auch wollte ich den Mut von Zheng Yefu würdigen, den Autor des Artikels „Ein Normalo über die Straße von Taiwan“, der am 22.01.2022 im Internet außerhalb Chinas erschien und dann breit zirkulierte.
Zheng Yefu, geb. 1950 in Peking, ist ein chinesischer Soziologe und Professor an der Beijing University. (Ich habe alle Kommentare und Ergänzungen durch eckige Klammern markiert)
Ein Normalo über die Straße von Taiwan
Von Zheng Yefu
1. Gegen die militärische Vereinigung [mit Taiwan]. Macht es Sinn, dass sich ein Gelehrter dazu äußert? Das tut es. Erstens, über die wirklich wichtigen Dinge, falls ein Nutzen nicht vollständig auszuschließen ist, muss man sich äußern. Falls nicht, würden wir uns endlos grämen. Zweitens bin ich einer aus dem Volk und auf meinem Weg nicht einsam [Hier bezieht sich Zheng Yefu auf Konfuzius, für den der Tugendhafte niemals allein auf seinem Weg schreitet (Lunyu 4.25)]. Daher kann mein Widerspruch die Fraktion für die militärische Vereinigung zerschmettern und mit meiner Stimme das Volk repräsentieren. Drittens, wegen der Kontrolle der freien Meinungsäußerung sind auf der öffentlichen Bühne die Stimmen, die sich gegen eine militärische Vereinigung aussprechen, fast vollständig verschwunden. In einer solchen Situation ist jede Stimme gegen den Krieg unschätzbar wertvoll. Die erste Schutzlinie gegen einen Krieg ist ein öffentlicher Diskurs gegen die militärische Vereinigung. Seinen Mund nicht zu öffnen, heißt seine Rechte und seine Macht [Hier steht das chinesische Zeichen quan 权, das sowohl Recht 权利 als auch Macht 权力 heißen kann] abzugeben. Öffnet niemand seinen Mund, so ist das ein kollektives stilles Bekenntnis zur militärischen Vereinigung. Ich schaffe es nicht, taub und indifferent zu sein, und daher mache ich dieses Bekenntnis.
2. Gegen militärischen Zwang. Die Strategen aus Festlandchina haben vor kurzem wieder betont, dass die friedliche Vereinigung [mit Taiwan] die erste Wahl sei. Aber der militärische Zwang führt sicherlich dazu, dass sich der Hass verschärft, so dass der noch übrig gebliebene Hoffnungsfaden der friedlichen Vereinigung zerrissen wird. Fürsprecher sagen, dass eine militärische Vereinigung dazu diene, die Unabhängigkeit von Taiwan zu verhindern. Verhindert wird damit allerdings nur die nominelle Unabhängigkeit Taiwans. Sie beeinflusst in keinster Weise die seit 70 Jahren bestehende Unabhängigkeit Taiwans. Die 45 Jahre währende vollständige Unabhängigkeit von West- und Ostdeutschland hat ihre Vereinigung auch nicht verhindern können. Im Unterschied zu den Deutschen üben wir Zwang aus, um die Vereinigung zu erreichen, und sind deswegen zu Feinden geworden. Das ist wirklich der größte Witz der Welt.
Der größere Nachteil von militärischem Zwang ist, dass er zu einem Krieg führen kann. In der Geschichte der Menschheit gab es zu viele Kriege, die nicht für Eroberungen oder echte Interessen geführt wurden, sondern nur um das Gesicht zu wahren, weil man nicht zurücktreten wollte. Intensiviert sich Zwang auf einmal, so haben Festlandchina, Taiwan und die USA keinen Raum mehr, um nachzugeben. Seit über 70 Jahren hat das System der nuklearen Abschreckung einen Krieg zwischen den nuklearen Großmächten verhindert. Falls die nuklearen Großmächte aber umgekehrt einen Krieg begännen, so gibt es kaum eine Kraft, die sie davon abhalten könnte, Nuklearwaffen zu verwenden. Daher ist es unheimlich dringend, dass die militärische Abschreckung gegenüber Taiwan fallengelassen wird.
匹夫說台海
鄭也夫著
一. 反對武統。一介書生如此表態有意義嗎?有。其一,對天大的事情,存萬一的作用,就要發聲,不然事後我們追悔不及。其二,我是人民的一員,吾道不孤,故我的反對可擊碎武統派聲稱代表人民。其三,因言論管制,公共平臺上反對武統的言論幾乎滅絕,如此形勢下發出反戰的聲音彌足珍貴。開戰的第一防線是反武統的輿論。不張嘴就是棄權,都不張嘴就是集體默認武統。不甘麻木不仁,遂有敝人這篇自白。
二. 反對武力威懾。大陸決策層日前重申和平統一是首選。而武力威懾一定會加劇仇恨,使僅存一絲的和平統一願景丟失殆盡。辯護者會說,威懾是為了抑制台獨。抑制的其實只是名義上的台獨,絲毫影響不了70餘年來臺灣事實上的獨立。長達45年名實齊備的獨立,並未擋住東西德日後的統一。與德國人相比,我們為統一而威懾,因威懾成仇寇,滑天下之大稽。
武力威懾的更大負面是誘發戰爭。人類歷史上有過太多的戰爭,不是為了征服和實利,而是為了面子,因為下不來台。威懾一旦升級,中國大陸、臺灣、美國,均乏退讓餘地。七十餘年來是核恐懼抑制了核大國間直接開戰。反過來看,若核大國真的開戰,鮮有力量能管束他們不動核武。故放棄對台武力威懾迫在眉睫。
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